CCE International: „Druckfarben und Lacke sin...
CCE International

„Druckfarben und Lacke sind viel mehr als nur bunte Farbe“

Siegwerk, ein Familienunternehmen in der sechsten Generation, ist einer der international führenden Hersteller von Druckfarben und individuellen Lösungen für Verpackungen, Etiketten und Kataloge. Der Konzern beschäftigt weltweit rund 5.000 Mitarbeiter in mehr als 30 Landesgesellschaften und hat seinen Hauptsitz in Siegburg bei Köln. Anlässlich des Messeauftritts in München hat der packREPORT gesprochen mit Dr. Thomas Lehnen, Head of WB Inkjet Business bei Siegwerk – über neugierige Besucher, Vorteile einer Kreislaufwirtschaft, die Herausforderungen der vergangenen Jahre und einen nachhaltigen Wandel der Verpackungsindustrie.

 

Die CCE International hat ja mittlerweile ihren fixen Platz im regulären Messekalender. Mit welchen Erwartungen fahren Sie 2023 nach München? Was erhoffen Sie sich von der diesjährigen CCE?

Dr. Thomas Lehnen: „Die CCE International und speziell die InPrint bieten uns eine ideale Plattform, um die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten unserer maßgeschneiderten Inkjet-Farblösungen einem ausgewählten Fachpublikum zu präsentieren und uns als kompetenter Partner für Digitaldruck zu positionieren. Darüber hinaus ist es eine großartige Gelegenheit, um uns mit Kunden, Partnern und Experten aus der Branche auszutauschen und über die jüngsten Herausforderungen und Chancen zu sprechen. Von Maschinenherstellern und Inkjet-Integratoren über Rohstofflieferanten, Verarbeiter und Markenartikler bis hin zu Think-Tanks und Brancheninitiativen – Messen wie die CCE / InPrint bringen ein breites Spektrum potenzieller Kooperationspartner entlang der gesamten Wertschöpfungskette an einem Ort zusammen. Eine großartige Möglichkeit, um neue Kontakte zu knüpfen, sich mit bestehenden Geschäftspartnern zu treffen und folglich Geschäftsbeziehungen aufzubauen und zu vertiefen. Wir freuen uns auch dieses Jahr wieder auf viele neugierige Besucher, inspirierende Diskussionen und interessante Einblicke in die neusten Entwicklungen rund um Inkjetfarben, Druckköpfe, Trocknungssysteme sowie Maschinenkonzepte.“

Welche Neuheiten haben Sie im Gepäck? Was erwartet die Besucherinnen und Besucher an Ihrem Stand?

Dr. Thomas Lehnen: „Wir werden die Gelegenheit nutzen, den Besucherinnen und Besuchern Einblicke in unser umfassendes Portfolio für den Digitaldruck zu gewähren. Insbesondere werden wir dieses Jahr unsere neusten Innovationen im wasserbasierten Inkjet-Bereich speziell für Wellpappe sowie für eine Vielzahl flexibler Verpackungen präsentieren. Dies umfasst nicht nur verbesserte Farben für bereits unterstützte Druckköpfe wie Fuji-Samba, Kyocera und Ricoh, sondern auch ganz neue Farblösungen für Druckköpfe wie Konica Minolta KM1024i und Epson S3200/D3000. Außerdem können sich Besucherinnen und Besucher über unsere neuen wasserbasierten Flexo-Primer speziell für beschichtete und unbeschichtete Papiere informieren und sich von unseren neuen jettbaren, wasserbasierten Überdrucklacken überzeugen. Darüber hinaus werden wir eine große und etablierte Produktvielfalt an qualitativ hochwertigen UV-Inkjetfarben für alle Anwendungsbereiche rund um den Etiketten- und Verpackungsdruck vorstellen: von Standard-CMYK-Farben für Etiketten über Spezialfarben für Kodierungsanwendungen und speziell angefertigte Schmuckfarben bis hin zu migrationsoptimierten Farben für sensitive Lebensmittel- und Pharmaverpackungen. All unsere Lösungen sind dabei stets abgestimmt auf die Endanwendung und nicht nur auf eine bestimmte Druckausrüstung. Bei uns umfassen kundenspezifische Anpassungen nicht nur klassische Farbanpassungen, sondern ebenfalls die Optimierung von Benetzung und Haftung sowie der physikalischen und chemischen Beständigkeit unserer Lösungen.“

Es sind ja sehr bewegte Zeiten in der Verpackungsindustrie. Bleiben wir mal bei den großen Trends: Wie stellt sich Siegwerk als einer der weltweit führenden Anbieter von Inkjet-Druckfarben und -Lacken für Etiketten- und Verpackungsanwendungen darauf ein? Wo haben Sie Entwicklungen im Markt ausgemacht, auf die Sie direkt reagieren?

Dr. Thomas Lehnen: „Wir glauben fest an die Vorteile einer Circular Economy (Kreislaufwirtschaft) und haben uns verpflichtet, alles daran zu setzen, die Entwicklung kreislauffähiger Verpackungskonzepte mit innovativen und nachhaltigen Farben und Lacken proaktiv voranzutreiben. Ein nachhaltiger Wandel der Verpackungsindustrie kann aber nur funktionieren, wenn alle Mitglieder der Wertschöpfungskette an einem Strang ziehen, denn Fortschritt braucht Innovation ebenso wie Zusammenarbeit. Aus diesem Grund arbeiten wir heute eng mit verschiedenen Branchenverbänden, Organisationen und Initiativen auf der ganzen Welt zusammen. Dies ermöglicht es uns, unser Fachwissen zu teilen, von anderen zu lernen und so gemeinsam innovative Ideen zu entwickeln, die einen spürbar positiven Effekt auf die Umwelt und die Gesellschaft haben. So verfügt Siegwerk bereits heute über ein breites Portfolio an wasserbasierten Inkjetfarben, die sich optimal für nachhaltige Verpackungskonzepte eignen. Diese ermöglichen nicht nur sehr dünne und flexible Farbschichten, sondern setzen auch nur sehr geringe VOC-Emissionen beim Verdrucken frei. Zusätzlich sind sie komplett ohne kritische Rohstoffe wie Mineralöle, Acrylate und Foto-Initiatoren formuliert und bieten einen hohen Anteil an regenerativen Rohstoffen. Somit sind sie optimal darauf ausgerichtet, die Entwicklung nachhaltiger und vor allem kreislauffähiger Verpackungslösungen aktiv zu unterstützen. All unsere wasserbasierten Inkjetfarben genügen dabei stets den höchsten Ansprüchen in Bezug auf die Produktsicherheit und sind zur Nutzung für indirekten Lebensmittelkontakt, Servietten sowie Pharma- und Hygieneverpackungen geeignet. Darüber hinaus bieten wir das komplette Produktspektrum an – von Flexo- über Tiefdruck bis hin zu Inkjet – für eine möglichst hohe Flexibilität. Unsere Farblösungen werden hierbei immer an den kundenspezifischen Bedarf und die vorgesehene Endanwendung angepasst. Dafür arbeiten wir bei Siegwerk stets eng mit unseren Kunden zusammen, um das Produkt bestens an die individuellen Anforderungen anzupassen und ein optimales Endergebnis zu ermöglichen. Siegwerk ist heute in mehr als 30 Ländern vertreten und verfügt mit 15 regionalen Centers of Excellence und mehr als 50 Blending Centers weltweit über ein umfassendes globales Produktions- und Servicenetz, das nicht nur eine weltweit einheitliche Qualität der Lösungen und Services gewährleistet, sondern auch die Erfüllung spezifischer lokaler Marktanforderungen ermöglicht. Basierend auf dieser starken globalen Präsenz können wir Kunden direkt vor Ort betreuen sowie OEMs und Integratoren weltweit unterstützen.“

Der Inkjet-Druck ist eines der am weitesten verbreiteten, digitalen Druckverfahren für Primär- oder Sekundärverpackungen. Warum ist das aus Ihrer Sicht so? Welche Vor- bzw. Nachteile haben Sie ausgemacht?

Dr. Thomas Lehnen: „Der Digitaldruck und insbesondere der Inkjet-Druck bietet einige Vorteile im Vergleich zu konventionellen Druckverfahren, die es zur idealen Wahl machen, um aktuelle Markttrends und -herausforderungen zu adressieren. Mit seiner Schnelligkeit, Flexibilität und Qualität ermöglicht der Inkjet-Druck nicht nur, Marktzwängen wie kürzeren Druckaufträgen, geringerem Working Capital und kürzeren Markteinführungszeiten zu begegnen, sondern er benötigt zudem weniger Lagerbestand und weniger Ressourcenverbrauch und generiert gleichzeitig weniger Überschuss. Denn dank des Printing on Demand (POD), das letztlich erst durch den Digitaldruck möglich wurde, ist heute selbst der Druck von sehr geringen Auflagen kosteneffizient. Darüber hinaus lässt sich der Druckprozess einfach in die Wertschöpfungskette integrieren und ermöglicht Hybridkonzepte sowie Late Stage Customization. Der Inkjet-Druck hat zudem noch ökologische Vorteile gegenüber herkömmlichen Drucktechnologien. Neben der Tatsache, dass es sich bei Inkjet um ein kontaktloses Druckverfahren handelt, bei dem keine Zylinder, keine Platten, keine Klebstoffe, sprich weniger Materialien benötigt werden und folglich auch weniger Abfall als beim herkömmlichen Druck entsteht, bieten Inkjetfarben in Summe einen sehr geringen CO2-Fußabdruck. Im Vergleich zur Elektrofotographie weist der Inkjet-Druck keine intrinsischen Einschränkungen in Bezug auf Druckgeschwindigkeit und Druckbreite auf, ist unsensibler in Bezug auf die Leitfähigkeit von Farben und Substraten und bietet die Möglichkeit des Direct-to-Objekt Printing (D2O). Diese Direktbedruckung von Verpackungsmaterial kann sowohl energieintensive Label-Prozesse wie Shrink-Sleeves oder IML-Verfahren ersetzen, als auch völlig neue Verpackungskonzepte eröffnen – gerade im Bereich unebener oder drucksensitiver Materialien. Außerdem zeigt der Inkjet-Druck im Vergleich zur Elektrofotographie eine höhere Performance der gedruckten Farbschichten u.a. in Bezug auf Laminierbarkeit sowie physikalischer und chemischer Beständigkeit auf bei gleichzeitig höherer Flexibilität in der Farbzusammensetzung. Im Gegensatz zu Flüssigtonern und lösungsmittelbasiertem Inkjet werden außerdem sehr geringe VOC-Emissionen beim Drucken freigesetzt. Alle interessierten Besucherinnen und Besucher sind herzlich eingeladen, auf einen Kaffee an unserem InPrint Stand Nr. 2628 vorbeizuschauen und sich mit unseren Experten rund um das Thema Inkjet auszutauschen.“

Die Anforderungen an den Verpackungsdruck entwickeln sich ständig weiter. Wie können Sie an dieser Stelle als Druckfarbenproduzent den Prozess unterstützen? Anders gefragt: Wie definieren Sie Ihre Aufgabe?

Dr. Thomas Lehnen: „Druckfarben und Lacke sind viel mehr als nur bunte Farbe. Sie tragen zweifelsohne zur Markenidentität und zur Erfüllung des jeweiligen Informationsbedarfs bei. Darüber hinaus können sie Verpackungen aber auch das besondere Extra verleihen, sowohl optisch als auch haptisch, und sie so zum Blickfang am Point-of-Sale machen. Gleichzeitig können Farben und Lacke eine Verpackung aber auch mit funktionellen Eigenschaften ausstatten, die den Schutz und die Haltbarkeit der Ware, die Benutzerfreundlichkeit und sogar die Recyclingfähigkeit der Verpackung verbessern. Mit einem derartig vielfältigen Wirkungspotenzial stellen sie ein wesentliches Element zur Sicherstellung der gewünschten Verpackungsleistung dar. Genau aus diesem Grund sehen wir uns als „Enabler“, also als Wegbereiter, der mit seinen Farben und Lacken Druckereien, Verarbeiter und Markenartikler bei der Entwicklung und Produktion zukunftsweisender Verpackungen unterstützt. Ein enger Austausch mit Kunden, Partnern und Experten ist dabei für uns ein wichtiger Schlüssel, um unsere Lösungen entsprechend frühzeitig an sich verändernde Anforderungen anzupassen und unsere Forschungs- und Entwicklungsarbeit in die richtige Richtung voranzutreiben. So bieten wir beispielsweise umweltfreundliche Farben mit einem sehr hohen Anteil nachwachsender Rohstoffe sowie Farben mit sehr guten Deinking-Eigenschaften zur Verbesserung der Recyclingfähigkeit bedruckter Verpackungen. Gleichzeitig entwickeln wir funktionale Barriere- und Schutzlacke zur Leistungsoptimierung papierbasierter Verpackungen im Sinne einer Circular Economy und bieten ein breites Spektrum leistungsstarker Farblösungen zur Ausschöpfung des vollen Potenzials im Inkjet-Druck an. Ganz gleich ob die Recyclingfähigkeit, Funktionalität oder Effizienz einer Verpackung verbessert, ihre Komplexität reduziert oder ihr einfach nur das gewisse Extra verliehen werden soll - die Wahl der richtigen Druckfarben und Lacke kann dabei helfen, die erwünschte Verpackungsleistung und Prozesseffizienz im Hinblick auf aktuelle Trends zu verwirklichen.“

Hohe Energie-/Rohstoffkosten machen derzeit allen Branchen zu schaffen. Welche Lösungen hat Siegwerk für sich gefunden, damit umzugehen? Inwiefern sind Ihre Lieferanten/Kunden von den Kostensteigerungen betroffen?

Dr. Thomas Lehnen: „Als weltweit tätiges Unternehmen mit einer globalen Einkaufsorganisation verfügt Siegwerk bereits seit langem über ein großes und vor allem globales Netzwerk an Zulieferern. Aufgrund der Herausforderungen der vergangenen Jahre haben wir zusätzlich ein Netzwerk mit Backup-Lieferanten für den Fall potenzieller Lieferengpässe, weiterer Grenzschließungen oder aber anderweitiger Transportunterbrechungen entwickelt. Unsere unternehmensweiten Business-Continuity-Teams überwachen darüber hinaus die gesamte Branche, um mögliche Störungen bei der Versorgung mit Rohstoffen oder aber in der Logistik frühzeitig zu antizipieren, während unsere globalen Einkaufs- und Beschaffungsteams kontinuierlich unsere Rohstoffbestände und -lieferungen überwachen. Dieses sehr robuste globale Liefernetzwerk ermöglicht es uns heute, eine möglichst stabile Versorgung für die Herstellung unserer Produkte und Lösungen sicherzustellen. Dabei sind alle potenziellen Bezugsquellen stets auditiert nach Standards und Betriebspraktiken, die den höchsten Anforderungen entsprechen. In den meisten Fällen bestehen bereits langjährige Partnerschaften mit unseren Zulieferern. Darüber hinaus suchen wir kontinuierlich nach Formulierungsalternativen, um eine gleichbleibend hochwertige Rohstoffversorgung gewährleisten zu können. Unser Ziel ist es stets, die Risiken für unsere Kunden so gut es geht zu minimieren. Trotz aller Bemühungen, die Kosten zu senken, waren aber auch wir in der Vergangenheit gezwungen, einen Teil der Kosten an unsere Kunden weiterzugeben. Bei derartig unvermeidlichen Kostensteigerungen legen wir dabei immer größten Wert auf hohe Transparenz und eine enge Absprache mit den betroffenen Kunden.“

Sie haben zu guter Letzt einen Wunsch frei: Was wünschen Sie sich für 2023 in Bezug auf die Verpackungsindustrie? Wo müsste die Branche aus Ihrer Sicht nachschärfen, wo gibt es Optimierungspotenziale?

Dr. Thomas Lehnen: „In den letzten Jahren hat der Inkjet-Druck bereits bewiesen, dass er sich an viele Märkte anpassen und mit sehr unterschiedlichen Herausforderungen fertig werden kann. Besonders im Bereich Etiketten und Verpackungen besteht dabei ein großes Potenzial. Hierbei sollte der Inkjet-Druck nicht als Ersatz von Flexo- und Tiefdruck gesehen werden, sondern vielmehr als eine Erweiterung der derzeitigen Produktionskapazitäten und damit als Chance. Hybridkonzepte, bei denen Inkjet-Druckstationen in traditionelle Drucksysteme integriert werden und so die Vorteile beider Systeme genutzt werden können, sind dabei ein sinnvoller erster Schritt in Richtung Digitalisierung. Die Verbreitung oder besser Verinnerlichung dieser Wahrnehmung in Bezug auf Inkjet würde ich mir für die nahe Zukunft wünschen. Was wir ebenfalls brauchen sind innovative Business-Konzepte für den Digitaldruck, um seine Chancen und Möglichkeiten in Geschäftserfolge umzusetzen. Hierfür bedarf es u.a. auch mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit. Denn durch individuelle Entwicklungsbemühungen einzelner Bereiche der Inkjet-Technologie werden wir nicht die Entwicklung des Marktes erreichen, die wir erreichen könnten. Der Aufbau strategischer Partnerschaften entlang der Lieferkette könnte meines Erachtens dazu beitragen, noch innovativere Lösungen zu entwickeln und den Erfolg von Inkjet zu katalysieren. Deshalb wünsche ich mir mehr Austausch und Kooperation, denn nur durch Zusammenarbeit kann Inkjet sein volles Potenzial ausschöpfen. Zu guter Letzt brauchen wir außerdem mehr „Big Player“ und Markenartikler, welche die Verbreitung von Inkjet vorantreiben und offen ihre Erfolgsgeschichten teilen.“



 

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