Neuregelungen im Abfall- und Verpackungsrecht...
Neuregelungen im Abfall- und Verpackungsrecht

Das Verpackungsgesetz kommt

Die Entsorgung von Abfällen hat in der vergangenen Legislaturperiode noch zwei gesetzliche Änderungen erfahren. Bereits seit 1.8.2017 gilt die novellierte Gewerbeabfallverordnung. Am 1.1.2019 tritt dann das neue Verpackungsgesetz in Kraft und löst die alte Verpackungsverordnung von 1991 ab. Bereits jetzt sollten Unternehmen die Neuerungen auf ihre Relevanz prüfen.

Vor 26 Jahren leitete die Verpackungsverordnung eine Trendwende ein: die Abkehr von der Wegwerfgesellschaft und die Vermeidung von Verpackungsmüll. Diese Ziele gelten noch immer, allerdings besteht über die Art und Weise, sie zu erreichen, anhaltend Streit. Die Große Koalition versuchte es in drei Anläufen mit einem „Wertstoffgesetz“ als Nachfolger der veralteten Verpackungsverordnung, scheiterte aber immer wieder am Widerstand der Wirtschaft, der Kommunen und des Bundesrats. Ein ganz neuer Ansatz musste her. Erst gegen Ende der Legislaturperiode verabschiedete das Parlament dann das „Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen“, kurz Verpackungsgesetz. Man habe eine lange Übergangsfrist bis zum Inkrafttreten des neuen Regelwerkes gewählt, um die erforderlichen Anpassungen und Umstellungen, sowohl auf Wirtschafts- als auch auf Verwaltungsseite, vorzunehmen, so der Gesetzgeber.

Das Prinzip der erweiterten Produktverantwortung bleibt bestehen

 „Entsprechend dem Prinzip der erweiterten Produktverantwortung bleibt weiterhin derjenige, der Verpackungen in Verkehr bringt, für deren Rücknahme und Verwertung verantwortlich“ erläutert Rechtsanwalt Dr. Cedric C. Meyer, Abfallrechtsexperte des Kölner Büros der Kanzlei Loschelder. Damit ist ein Grundprinzip der alten Verordnung, das für die Verpackungsindustrie von zentraler Bedeutung ist, auch im neuen Verpackungsgesetz enthalten – wenn auch etwas verklausuliert. „Die wesentlichen Pflichten richten sich wie bisher an die Erstinverkehrbringer verpackter Waren, nicht an die Hersteller leerer Verpackungen“, betont deshalb Wilfried Baumann, Referent Kreislaufwirtschaft und Gewässerschutz bei der IHK Freiburg. Er kritisiert die unglückliche Formulierung im Gesetzestext. „Vielfach werden dort die Hersteller ‚systembeteiligungspflichtiger Verpackungen‘ angesprochen. Laut der gesetzlichen Begriffsbestimmungen sind damit eindeutig ‚mit Ware befüllte Verkaufs- und Umverpackungen‘ gemeint“, so der IHK-Experte. Damit unterfallen Transportverpackungen, die die Handhabung und den Transport von Waren erleichtern und typischerweise nicht zur Weitergabe an den Endverbraucher bestimmt sind, weiterhin nicht der Systembeteiligungspflicht. Anders verhält es sich dagegen bei Versand- und Umverpackungen. „Diese sind zukünftig erfasst und systembeteiligungspflichtig, müssen also vom Hersteller der Waren lizenziert werden“, sagt Fachanwalt Meyer.

Links: Dr. Heike Schiffler, Direktorin Umwelt Tetra Pak Deutschland, Österreich, Schweiz (Bild: Tetra Pak) Rechts: Rechtsanwalt Dr. Cedric C. Meyer, Abfallrechtsexperte des Kölner Büros der Kanzlei Loschelder (Bild: Kanzlei Loschelder)
Links: Dr. Heike Schiffler, Direktorin Umwelt Tetra Pak Deutschland, Österreich, Schweiz (Bild: Tetra Pak) Rechts: Rechtsanwalt Dr. Cedric C. Meyer, Abfallrechtsexperte des Kölner Büros der Kanzlei Loschelder (Bild: Kanzlei Loschelder)


Stoffgleiche Nichtverpackungen - einer der Streitpunkte

Einer der großen Streitpunkte in den Entwürfen für das gescheiterte Wertstoffgesetz waren die „stoffgleichen Nichtverpackungen“ – Wertstoffe aus Kunststoff, Aluminium, Weißblech und Verbundmaterialien, die keine Verpackungen darstellen. Auch diese sollten dem Recycling zugeführt werden, allerdings blieb die Finanzierungsfrage offen. Der Gesetzgeber hat sich im neuen Verpackungsgesetz ganz von dieser Idee verabschiedet. Stattdessen verfolgt man einen Ansatz, der materialspezifische Verwertungsquoten vorsieht. „Die Dualen Systeme müssen ab 2019 und dann weiter ab 2022 strengere Quoten erfüllen“, erläutert Abfallrechtler Meyer. Sie sind zudem angehalten, mithilfe von Anreizen bei den Beteiligungsentgelten die Verwendung von Recyclaten sowie recyclinggerechter Designs und nachwachsender Rohstoffe zu fördern. „Das wird Auswirkungen auf die stoffliche Zusammensetzung der Verpackungen haben“, so Meyers Prognose.

Kreislaufwirtschaft ist nicht gleich automatisch Recycling

Der Getränkekartonhersteller Tetrapak sieht sich darauf gut vorbereitet. „Der Gesetzgeber hat aus unserer Sicht klar zu erkennen gegeben, dass er Kreislaufwirtschaft nicht automatisch mit Recycling gleichsetzt, sondern neben einer möglichst ressourceneffizienten Entsorgung ebenso den langfristig umweltschonenden Materialeinsatz in den Blick nehmen will“, sagt Dr. Heike Schiffler, Direktorin Umwelt Tetra Pak Deutschland, Österreich, Schweiz. „Das halten wir für eine Weg weisende Entscheidung.“ Mit Tetra Rex bio-based hat man bereits ein Produkt aus nachwachsenden Rohstoffen im Angebot, das unter anderem von den Milchwerken Berchtesgadener Land sowie von Lidl eingesetzt wird. Der Karton besteht aus Holz, die Beschichtung des Kartons sowie Verschluss und Kappe basieren auf Zuckerrohr.

Stärkere und strengere Kontrollen

Bio oder nicht – Hersteller systempflichtiger Verpackungen müssen diese ab 2019 vor dem Inverkehrbringen bei einer Meldestelle registrieren lassen. Diese neue „Zentrale Stelle“ mit ihrem Verpackungsregister, angesiedelt in Osnabrück, soll für mehr Transparenz sorgen und die Einhaltung des Verpackungsgesetzes, insbesondere der Lizenzierung, überwachen. „Es wird auf stärkere und strengere Kontrolle hinauslaufen und leider auch auf zusätzliche Bürokratie“, vermutet IHK-Experte Baumann.

Mit der novellierten Gewerbeabfallverordnung, die seit gilt, muss das neue Verpackungsgesetz noch harmonisiert werden. Bereits seit 1.8.2017 treffen Unternehmen jeglicher Größe und sämtlicher Branchen erweiterte Abfalltrennungspflichten, etwa für Holz, Textilien und Bioabfälle, sowie neue Dokumentations- und Begründungspflichten. Derzeit sind allerdings Verpackungen, die unter die noch bis Ende 2018 geltende Verpackungsverordnung fallen, von der Gewerbeabfallverordnung ausgenommen. Der Gesetzgeber sollte dafür sorgen, dass dies auch unter dem neuen Verpackungsgesetz so bleibt.

Von Anja Falkenstein, Rechtsanwältin und Fachjournalistin, Karlsruhe

Erschienen in packREPORT Nr. 12 Dezember/2017

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